Forderndes Verhalten bei Hunden, wie z. B. Bellen, Winseln oder andere aufdringliche Aktionen, gehört zu den häufigsten Herausforderungen im Alltag von Hundehaltern. Während es auf den ersten Blick störend wirken kann, ist es wichtig zu verstehen, dass dieses Verhalten fast immer eine Ursache hat, die entweder in den Bedürfnissen des Hundes oder in der Art der Mensch-Hund-Beziehung begründet liegt. Dieser Bericht beleuchtet die möglichen Hintergründe, die Rolle des Menschen und bietet praktische Lösungsansätze für den Umgang mit forderndem Verhalten.
1. Verhaltensweisen, die als "fordernd" gelten
Forderndes Verhalten äußert sich durch verschiedene Aktionen, die Hunde nutzen, um etwas zu erreichen. Häufige Beispiele sind:
Ständiges Bellen: Der Hund bellt ununterbrochen, etwa um Aufmerksamkeit, Futter oder Zugang zu einer bestimmten Person oder einem Raum zu bekommen.
Anhaltendes Betteln: Insbesondere während der Mahlzeiten versucht der Hund, Futter durch Blickkontakt, Winseln oder Pfotengeben zu erzwingen.
Anspringen oder Anstupsen: Durch Körperkontakt fordert der Hund Streicheleinheiten, Spiel oder Aufmerksamkeit ein.
Zerstörungswut: Manche Hunde kauen, zerreißen oder zerstören Gegenstände, um Frust abzubauen oder Aufmerksamkeit zu erlangen.
Übermäßiges Spielverhalten: Der Hund bringt immer wieder Spielzeug oder fordert lautstark zu Aktivitäten auf, ohne Rücksicht auf Pausen oder Ruhezeiten des Halters.
Unruhe und Jammern: Der Hund läuft hektisch umher, winselt oder zeigt nervöses Verhalten, um seinen Menschen auf sich aufmerksam zu machen.
2. Ursachen für forderndes Verhalten
Forderndes Verhalten hat in der Regel tiefere Ursachen, die mit den Bedürfnissen, Erfahrungen und dem Umfeld des Hundes zusammenhängen. Die wichtigsten Faktoren sind:
2.1. Mangelnde Auslastung
Physische Unterforderung: Hunde, die zu wenig Bewegung oder Spielmöglichkeiten erhalten, suchen nach Alternativen, um ihre Energie abzubauen.
Mentale Unterforderung: Intelligente Hunde benötigen regelmäßig Denkaufgaben und Herausforderungen, um Langeweile zu vermeiden.
2.2. Erlerntes Verhalten
Wenn Hunde durch forderndes Verhalten Erfolg haben (z. B. Aufmerksamkeit, Futter oder Spiel), lernen sie, dieses Verhalten gezielt einzusetzen.
2.3. Unsicherheit oder Stress
Stresssituationen, wie eine neue Umgebung, veränderte Routinen oder fremde Menschen, können zu übertriebenem Verhalten führen. Der Hund sucht Sicherheit durch Nähe und Aufmerksamkeit.
2.4. Trennungsangst
Hunde mit Trennungsangst zeigen oft verstärkt forderndes Verhalten, um sicherzustellen, dass ihr Halter bei ihnen bleibt.
2.5. Fehlende Sozialisation
Hunde, die nicht ausreichend mit Menschen, anderen Hunden oder Umweltreizen sozialisiert wurden, entwickeln möglicherweise unangemessene Verhaltensweisen, um ihre Unsicherheit zu kompensieren.
2.6. Medizinische Probleme
Schmerzen, Unwohlsein oder Krankheiten können forderndes Verhalten auslösen, da der Hund versucht, auf seine Beschwerden aufmerksam zu machen.
2.7. Genetische Veranlagung
Bestimmte Hunderassen wie Hütehunde oder Terrier wurden gezielt für spezifische Aufgaben gezüchtet, die oft mit Bellen verbunden waren. Hütehunde wie der Border Collie oder der Australian Cattle Dog setzen Bellen ein, um Herden zu lenken, während Terrier wie der Jack Russell Terrier ursprünglich darauf trainiert wurden, Beute unter der Erde lautstark anzuzeigen. Auch Wach- und Schutzhunde wie der Deutsche Schäferhund oder der Rottweiler wurden darauf gezüchtet, durch Bellen vor Gefahren zu warnen. Wenn dieser Arbeitsdrang und die damit verbundene Veranlagung nicht ausgelastet werden, können diese Hunde fordernd, übermäßig bellfreudig oder destruktiv reagieren.
Die Rolle des Menschen bei forderndem Verhalten
Das Verhalten des Hundes ist oft eine Reaktion auf die Haltung und Kommunikation seines Menschen. Häufige Fehler, die forderndes Verhalten fördern, sind:
Inkonsequenz: Wenn ein Hund mal ignoriert und mal für das gleiche Verhalten belohnt wird, lernt er keine klaren Regeln.
Unbewusste Belohnung: Aufmerksamkeit, selbst durch Schimpfen, kann das fordernde Verhalten verstärken.
Überforderung: Manche Hunde reagieren fordernd, weil sie nicht wissen, wie sie sich in einer bestimmten Situation verhalten sollen.
Ein souveräner, klar kommunizierender Mensch hilft dem Hund, sich sicher und verstanden zu fühlen.
Strategien im Umgang mit forderndem Verhalten
1. Analyse der Ursachen
Zunächst ist es wichtig, die Ursache des Verhaltens zu erkennen. Fragen, die dabei helfen können:
Ist mein Hund ausreichend körperlich und geistig ausgelastet?
Gibt es bestimmte Auslöser für das Verhalten (z. B. Hunger, Langeweile, Besuch)?
Hat der Hund Erfolg mit seinem Verhalten, d. h., erreicht er damit sein Ziel?
2. Grundbedürfnisse erfüllen
Ein Hund, dessen Grundbedürfnisse gedeckt sind, zeigt seltener forderndes Verhalten. Dazu gehören:
Körperliche Auslastung: Regelmäßige Spaziergänge, Freilauf oder Sportarten wie Agility fördern die Ausgeglichenheit.
Geistige Beschäftigung: Intelligenzspiele, Schnüffelspiele oder Tricktraining sind wertvolle Alternativen.
Ruhephasen: Ausreichend Schlaf und Ruhezeiten sind essenziell, um Überdrehtheit zu vermeiden.
3. Alternativverhalten trainieren
Ein Hund sollte lernen, gewünschtes Verhalten als Alternative zum fordernden Verhalten anzubieten. Beispiele:
Ruhe belohnen: Der Hund erhält Aufmerksamkeit oder Futter nur, wenn er ruhig ist.
Signaltraining: Ein Signal wie „Platz“ oder „Warte“ kann genutzt werden, um den Hund in eine entspannte Position zu bringen.
4. Ignorieren von unerwünschtem Verhalten
Wenn ein Hund durch Bellen oder Winseln Aufmerksamkeit fordert, sollte dieses Verhalten ignoriert werden. Wichtig ist jedoch: Sobald der Hund ruhig ist, wird er für sein Verhalten belohnt. Dies verstärkt das gewünschte Verhalten.
5. Klare Grenzen setzen
Hunde brauchen klare Regeln. Beispielsweise könnte festgelegt werden, dass der Hund vor dem Füttern ruhig auf seinem Platz sitzen muss. Konsequente Wiederholungen führen zu einem klaren Verständnis.
6. Professionelle Unterstützung
Bei hartnäckigem oder problematischem Verhalten kann ein erfahrener Hundetrainer helfen, die Situation zu beurteilen und individuelle Lösungen zu entwickeln.
Praktische Beispiele:
Hund bellt beim Essen
Ein Hund, der während der Mahlzeiten bellt, könnte dies tun, um Aufmerksamkeit oder Futter zu erhalten. So kann das Problem angegangen werden:
Ignorieren: Auf das Bellen wird nicht reagiert. Kein Blick, keine Ansprache, keine Fütterung.
Alternativverhalten fördern: Vor der Mahlzeit wird der Hund auf seinen Platz geschickt und bleibt dort.
Belohnen: Nach der Mahlzeit wird der Hund für ruhiges Verhalten gelobt und ggf. mit einem Leckerli belohnt.
Besuch klingelt an der Tür
Der Hund bellt laut, rennt zur Tür und springt möglicherweise den Gast an. Dieses Verhalten kann aus verschiedenen Gründen auftreten:
Aufregung: Der Hund ist überdreht und weiß nicht, wie er sich verhalten soll.
Unsicherheit: Der Hund fühlt sich durch die neue Situation oder fremde Personen gestresst.
Forderung: Der Hund möchte Teil der Interaktion sein und fordert Aufmerksamkeit ein.